Der große Mann
Kaltnadelradierung, 1921
Hofmaier 195 II A (von C b), zweiter Probedruck vor jeder Auflage, aus der Sammlung Reinhard Piper. Signiert, datiert, betitelt, bezeichnet bzw. gewidmet "Probedruck für R(einhard). P(iper).". Auf roséfarbenem Japanbütten 30,4 x 20,2 cm ( 11,9 x 7,9 in). Papier: 55 x 37 cm (21,6 x 14,5 in).
Laut James Hofmaier ist hier nur ein einziges Exemplar auf roséfarbenem Japan bekannt, eine weitere Probe wurde auf orangefarbenem Japan abgezogen. Probedruck zu Blatt 5 der Folge 'Der Jahrmarkt', die 1922 im Verlag der Marées-Gesellschaft, R. Piper & Co., München erschien

"In Folgen wie 'Der Jahrmarkt' von 1921 entwickelte Beckmann sein satirisches Talent.[...] Beckmann läßt das Böse, das Gute und das Gleichgültige gelten. [...] Hier siegt die Welt der Heiterkeit über das Gräßliche, das Beckmann in Krieg und Nachkriegszeit zu überstehen hatte" (S. Lackner, in: Max Beckmann, Stuttgart 1981, S. 11). Die Radierung der 'Große Mann' zeigt einen Jahrmarkt, der von der Bühne eines Panoptikums aus gesehen wird. Dort steht mit dem Rücken zum Betrachter ein ungewöhnlich großer Mann, der als Haupattraktion von einer Menge Schaulustiger prüfend berührt und bestaunt wird. Steif und teilnahmslos, den Blick in die Ferne gerichtet, lässt er die Prozedur über sich ergehen. Beckmann karikiert die neugierigen, aufdringlichen Jahrmarktbesucher, so dass sie für den Betrachter der Grafik bildbestimmend werden. Mit kurzen, energischen, dicht aneinanderliegenden Strichen und leicht geneigten Horizontalen schildert Beckmann das Jahrmarktgetümmel. Die Komposition zeichnet sich durch eine starke räumliche Wirkung aus, die der Künstler durch eine ausgeprägte Staffelung der Bildelemente erreicht. "Worauf es in meinen Arbeiten vor allem ankommt, ist die Idealität, die sich hinter der scheinbaren Realität befindet. Ich suche aus der gegebenen Gegenwart die Brücke zum Unsichtbaren - ähnlich wie ein berühmter Kabbalist es einmal gesagt hat: 'Willst Du das Unsichtbare fassen, dringe so tief Du kannst ein - in das Sichtbare.' Es handelt sich für mich immer wieder darum, die Magie der Realität zu erfassen und [...] umzusetzen - Das Unsichtbare sichtbar machen durch die Realität [...] die das eigentliche Mysterium des Daseins bildet! Entscheidend hilft mir dabei die Durchtastung des Raumes. [..] Meine Figuren kommen und gehen, wie sie mir Glück und Unglück bieten. Ich aber suche sie festzuhalten in der Entkleidung ihrer scheinbaren Zufälligkeit" (Max Beckmann, zitiert nach: ebda., S. 18).